Wenn ein:e Mitarbeiter:in den Mut hat, eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zu melden, ist es entscheidend, dass das Gespräch professionell, respektvoll und vor allem vertraulich geführt wird. Für die betroffene Mitarbeiterin oder den betroffenen Mitarbeiter kann dies ein erster Schritt in die richtige Richtung sein, um mit der Situation umzugehen und Unterstützung zu erhalten. Aber auch für das Unternehmen und die Führungskräfte ist es ein wichtiger Moment, um zu zeigen, dass die Belästigung ernst genommen wird und dass der Schutz und das Wohlbefinden aller Mitarbeitenden an oberster Stelle stehen.  

1. Vertraulichkeit wahren

Eines der wichtigsten Elemente bei einem solchen Gespräch ist die Wahrung der Vertraulichkeit. Die betroffene Person muss sich sicher fühlen, dass alles, was in diesem Gespräch besprochen wird, in einem sicheren Rahmen bleibt und nur an die relevanten Stellen weitergegeben wird. Wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin das Gefühl hat, dass die Informationen öffentlich gemacht oder ungewollt weitergegeben werden, könnte dies das Vertrauen untergraben und den betroffenen Mitarbeiter oder die betroffene Mitarbeiterin zusätzlich belasten. Es ist hilfreich, im Vorfeld des Gesprächs klarzustellen, wer in die Informationen eingeweiht wird und wie die nächsten Schritte aussehen. In der Regel wird dies eine vertrauliche Weiterleitung an HR oder die Gleichstellungsbeauftragte sein, falls es sich um einen schwerwiegenden Vorfall handelt.

2. Das Setting beachten

Neben der Vertraulichkeit ist es entscheidend, auch auf das Setting des Gesprächs zu achten. Das Gespräch sollte in einem Raum stattfinden, in dem keine Möglichkeit besteht, dass Dritte mithören. Achten Sie darauf, dass der Raum ruhig, ungestört und neutral ist, damit sich der oder die Betroffene wohlfühlen kann und in einer entspannten Atmosphäre sprechen kann. Vermeiden Sie Besprechungsräume oder offene Büroflächen, in denen ungewollt Gespräche mitgehört werden könnten. Das Setting sollte eine Atmosphäre des Vertrauens und der Sicherheit schaffen. Sorgen Sie dafür, dass der Raum eine angenehme Temperatur hat und dass keine Ablenkungen oder Störungen vom Gespräch ablenken. Wenn möglich, lassen Sie alle störenden Geräusche und visuelle Ablenkungen vermeiden.

3. Aktives Zuhören und Empathie zeigen

Ein weiteres wichtiges Element ist aktives Zuhören. Der oder die Betroffene muss wissen, dass ihm oder ihr zugehört wird und dass die Erfahrungen ernst genommen werden. Hierbei ist es wichtig, dass Führungskräfte oder HR-Personen nicht unterbrechen oder vorschnelle Urteile fällen. Empathie und Verständnis sind entscheidend, um dem oder der Betroffenen das Gefühl zu geben, dass sie nicht alleine sind. Stellen Sie offene, nicht wertende Fragen, die es der betroffenen Person ermöglichen, ihre Geschichte in eigenen Worten zu erzählen. Fragen wie „Könnten Sie mir bitte mehr über die Situation erzählen?“ oder „Was genau hat sich in diesem Moment für Sie unangemessen angefühlt?“ helfen dabei, den Betroffenen in den Mittelpunkt des Gesprächs zu stellen, ohne die Situation herunterzuspielen.

4. Klarheit und Transparenz bieten

Sobald die Belästigung gemeldet wurde, ist es entscheidend, dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin den weiteren Prozess zu erklären. Erklären Sie, welche Schritte im Unternehmen nun unternommen werden, um die Situation zu klären und sicherzustellen, dass der Vorfall angemessen behandelt wird. Dies kann auch die Sicherstellung beinhalten, dass der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin sich während des weiteren Verfahrens geschützt fühlt. Der oder die Betroffene sollte darüber informiert werden, wie das Unternehmen mit solchen Vorfällen umgeht und welche Maßnahmen zur Prävention und Aufklärung bestehen. Transparenz darüber, was als Nächstes passieren wird, gibt der betroffenen Person ein Gefühl der Kontrolle und Sicherheit.

5. Keine Schuldzuweisung

Es ist wichtig, die Verantwortung nicht auf die betroffene Person zu übertragen. Häufig fühlen sich Betroffene von sexueller Belästigung selbst schuld, vor allem, wenn sie mit Vorwürfen konfrontiert werden, die die Situation relativieren oder kleinreden. Vermeiden Sie daher Formulierungen wie „Haben Sie vielleicht etwas gesagt oder getan, das die Situation provoziert hat?“ Stattdessen sollte der Fokus auf der Situation und dem Verhalten des Belästigers bzw. der Belästigerin liegen, nicht auf dem Verhalten der betroffenen Person. Jede Form von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz ist inakzeptabel, unabhängig von den Umständen.

6. Betroffenen unterstützen, nicht allein lassen

Sobald das Gespräch beendet ist, sollte das Unternehmen weitere Unterstützung anbieten. Dies könnte in Form von Coaching, psychologischer Hilfe oder weiteren Gesprächen geschehen, um sicherzustellen, dass die betroffene Person die Unterstützung erhält, die sie braucht. Es ist auch wichtig, dass die betroffene Person sich sicher fühlt und dass keine negativen Konsequenzen für sie entstehen, weil sie sich gemeldet hat. Gleichzeitig sollten Führungskräfte sicherstellen, dass keine Art von Vergeltungsmaßnahmen gegen die betroffene Person ergriffen wird. Eine klare Null-Toleranz-Politik gegenüber Vergeltungsmaßnahmen sollte im Unternehmen etabliert und kommuniziert werden.

7. Dokumentation

Obwohl das Gespräch vertraulich geführt wird, ist es wichtig, dass alle relevanten Informationen schriftlich festgehalten werden, um den Verlauf des Falls nachvollziehbar zu machen und eine spätere Lösung oder eventuelle rechtliche Schritte zu unterstützen. Auch hier gilt: Achten Sie darauf, dass die Dokumentation sachlich und neutral bleibt.

Fazit:

Ein Gespräch über sexuelle Belästigung ist nie einfach, aber es ist der erste Schritt, um eine Lösung zu finden und Unterstützung zu bieten. Für das Unternehmen ist es wichtig, das Gespräch vertraulich, respektvoll und empathisch zu führen und gleichzeitig transparent über die nächsten Schritte zu informieren. Wenn die betroffene Person das Gefühl hat, ernst genommen und geschützt zu werden, schafft das nicht nur Vertrauen in den Prozess, sondern fördert auch eine Unternehmenskultur, die sexuelle Belästigung aktiv entgegenwirkt. Wenn Sie als Unternehmen Unterstützung dabei brauchen, ein solches Gespräch zu führen oder Präventionsmaßnahmen zu implementieren, stehe ich Ihnen mit meinen Safe Workplace. Seminaren und Coaching gerne zur Seite.